Regelmäßige Bestimmung von PA-Antikörpern!
Den Zeitpunkt nicht zu verpassen, bei dem es zur Besiedlung der Lunge mit Pseudomonas aeruginosa (PA) kommt, ist eine der wichtigsten Aufgaben bei CF. Bei jungen Patienten werden hierzu Rachenabstriche genommen, später besteht meist die Möglichkeit, Sputum aus der Lunge zu gewinnen.
Besonders der Rachenabstrich ist unempfindlich und zugleich auch nicht sehr spezifisch: er kann positiv sein, obwohl der PA nicht in der Lunge ist.
Ein Sputumbefund ist aussagekräftiger: Findet man hier Keime, stammen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich aus der Lunge. Befindet sich im Röhrchen viel Speichel, ist es fragwürdig, ob Keime der Lunge oder des Mund-/Rachen-/Nasenraums diagnostiziert werden. Auf den Ergebnisberichten wird das zumeist entsprechend gekennzeichnet.
Allerdings ist die Empfindlichkeit einer Sputumuntersuchung immer noch nicht gut: Besiedelt der Keim nur wenige Lungenbereiche, könnte man jedoch Sputum aus einer anderen Ecke der Lunge ins Röhrchen befördert haben. Dann findet man vielleicht nichts im Nachweis. Oder es steht dann im Bericht „spärlich“, weil die Keimzahl vermeintlich gering sei.
Diagnostik (Suche nach Krankheitsursachen) ist immer ein Blick durch eine Milchglasscheibe auf die Wirklichkeit. Gerade die Frage, ob und welche Keime in der Lunge sind, ist eine besonders unscharfe Angelegenheit.
Eine Regel des gesunden Menschenverstandes: Wenn du dir nicht sicher bist, sammle mehr Informationen über die Fragestellung. Immer also, wenn der Diagnostiker kein „sicheres“ Ergebnis hat, versucht er andere Diagnosemittel einzusetzen, um den Blick auf die Wirklichkeit zu schärfen, und dadurch die Milchglasscheibe wieder klarer zu machen.
An dieser Stelle möchten wir einmal mehr für den Bluttest auf Antikörper gegen PA werben, welchen es schon seit den 90er Jahren gibt. Ganz wichtig dabei ist, ihn absolut regelmäßig, und nicht anlassbezogen, also mind. etwa alle drei Monate durchführen zu lassen.
Wenn der Körper mit Bakterien (oder auch Viren) konfrontiert wird, bildet er unterschiedlich ausgeprägt Immunglobuline, Antikörper gegen PA, die sich auch im Blut nachweisen lassen. Diese helfen, die Keime wieder abzutöten und aus dem Körper verschwinden zu lassen. Man kann davon ausgehen, dass es auch bei einem Menschen mit CF häufig zu einer Auseinandersetzung mit dem PA kommt. Je nach der individuellen Antwortfähigkeit des Körpers kommt es früher oder auch viel später zu einer wirklichen Besiedlung der Lunge mit PA. Diese Prozesse kann man sehr gut mit dem VERLAUF der PA-Antikörper bestimmen.
Wenn nun zum Beispiel ein Rachenabstrich den PA zeigt, kann das gleichzeitige Vorliegen der Antikörper-Blutwerte (genauer: deren Verlauf!) zu einer viel sichereren Entscheidung der Frage führen, ob man mit Antibiotika auf den Keim schießt.
Dies ist wiederum eines der zentralen Themen bei CF: konsequente Frühdiagnose und entschiedene Bekämpfung des PA in der Lunge – ohne den Körper zu belasten und ohne Antibiotika-Resistenzen zu fördern, wenn dies alles gar nicht nötig gewesen wäre.
Die Dissertation „Diagnostische und prognostische Relevanz der Pseudomonas aeruginosa Antikörperbestimmung bei Patienten mit Cystischer Fibrose“ https://edoc.ub.uni-muenchen.de/5967/1/Kraxner_Angelika.pdf fasst wie folgt zusammen (Hervorhebungen von uns):
Die Eradikation von Pseudomonas aeruginosa bei CF-Patienten ist möglich, wenn sie in einem frühen Stadium der Besiedlung begonnen wird. Ein wichtiges Ziel ist es daher, P. aeruginosa so früh wie möglich zu entdecken. Ziel dieser Arbeit war es zu bestätigen, dass ein kommerzieller Test zur Bestimmung von Serumantikörpern gegen P. aeruginosa bei CF-Patienten geeignet ist. Es handelt sich um eine repräsentative Querschnittstudie, in der Serumantikörper gegen drei Pseudomonas-Antigene (Alkalische Protease, Elastase und Exotoxin A) bei 183 CF-Patienten bestimmt und mit den mikrobiologischen Befunden der vorangegangenen zwei Jahre korreliert wurden. […] Eine Kombination aller drei getesteten Antikörper erzielte die besten Resultate mit einer Sensitivität von 86%, einer Spezifität von 96% und einem positiven Vorhersagewert von 97%. […]
Die regelmäßige Bestimmung von Serumantikörpern ist vernünftig bei CF-Patienten mit negativem oder intermittierendem, jedoch nicht mit positivem Pseudomonas-aeruginosa-Status. Der Anstieg der Antikörpertiter zeigt eine mögliche Infektion an und es sollte selbst ohne den mikrobiologischen Nachweis von P. aeruginosa eine Eradikationstherapie begonnen werden.
Wir halten es für einen skandalösen Sachverhalt, dass dieses Verfahren hierzulande nur unregelmäßig und insgesamt viel zu selten eingesetzt wird. Einige Ambulanzen scheinen dieses Diagnosemittel nicht einmal zu kennen.
Zu den geringen Kosten und dem überschaubaren Aufwand folgt in Kürze ein eigener Beitrag.
Die Diagnostik kann übrigens auch über den Kinderarzt oder Hausarzt erfolgen. Diese wie viele andere diagnostischen Leistungen belasten das Budget des Arztes in Deutschland nicht, wenn er die Kennziffer „32006“ auf der Laboranforderung nennt. Siehe hierzu: http://www.kbv.de/tools/ebm/html/32.1_162398138384071513161792.html
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