Am letzten Tag der diesjährigen ECFS in Liverpool hielt PhD Donald R. VanDevanter, außerordentlicher Professor für Pädiatrie an der Case Western Reserve University School of Medicine Cleveland (Ohio, USA) einen teils launischen Vortrag über zukünftige Herausforderungen für Menschen mit Mukoviszidose, der viel Stoff zum Nachdenken bot.
Schon die am Anfang solcher Vorträge übliche „Offenlegung“ (Disclosure) hob sich sehr vom Gewohnten ab: unter dem Satz „in den vergangenen drei Jahren habe ich bezahlten Rat direkt oder indirekt an folgende Organisationen gegeben:“ fand sich die stattliche Anzahl von 27 Firmen sowie die Cystic Fibrosis Foundation. Anstatt diese Einblendung, wie sonst üblich, nach gefühlt einer Sekunde fast schon verschämt durch die nächste zu ersetzen, gab er uns Zuhörern ausreichend Zeit, die lange Liste wirken zu lassen.
Die wichtigsten Statements
Was sind hocheffiziente CFTR-Modulatoren?
- Es ist wichtig, einen Begriff hocheffizienter CFTR-Modulation zu entwickeln. Orkambi oder Symkevi gehören nicht dazu, aber beispielsweise Kalydeco mit seiner hohen Wirkung auf Schweißchlorid und Lungenfunktion. Die zukünftigen Dreifachkombinationen reiht VanDevanter in die Abteilung „highly effective“ ein. Konkret definiert er eine Reduktion von mehr als 40 mmol Schweißchlorid bzw. 10% ppFEV1 als hocheffizient.
- Ein Teil der Patienten kann mit den derzeit entwickelten CFTR-Modulatoren nicht behandelt werden, weil deren Genetik nicht passt.
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Was können hochwirksame Modulatoren bewirken, was nicht?
- Der Zugriff auf hochwirksame CFTR-Modulatoren wird die Zukunft der Menschen mit CF ändern. Eine Steigerung der CFTR-Funktion mildert den Krankheitsfortschritt. Über die Zeit kommt es zu einer Verringerung des Verlustes an Lungenfunktion, sekundäre Komplikationen werden verzögert oder verhindert, die Lebenserwartung nimmt zu.
- Bei Ivacaftor-Patienten kommt es praktisch zu einer Normalisierung der Schweißchloridwerte von 100 auf ca. 50 mmol/l.
- Es bleibt ein großer Bedarf unterstützender Therapien: Viele Komplikationen, die sich vor dem Zugang zu guten Modulatoren entwickelt haben, werden nicht durch den Zugang „geheilt“ werden können. Unterstützende Therapien werden hinsichtlich Enzymen und auch Insulin weiterhin vielfach nötig sein. Auch schleimlösende Therapien werden etwa für vorher entstandene Bronchiektasen weiterhin erforderlich sein. Antimikrobielle Medikamente werden für die chronischen Infektionen der Atemwege einen wichtigen Stellenwert behalten. Es werden Studien erforderlich werden und auch gerade designed (etwa SIMPLIFY), um die Wirksamkeit der Begleittherapien bei modulatorbehandelten Patienten zu bewerten.
Der Zeitpunkt ist entscheidend
- Das Alter des Patienten, ab dem er Zugang zu CFTR-basierenden Therapien hat, bestimmt deren Auswirkung.
- Derzeit steigen mit dem Lebensalter der CF-Patienten die Wahrscheinlichkeiten
- Osteoporose
- Diabetes
- Depressionen und Angststörungen
- Erkrankungen der Nebenhöhlen
- Besiedlung insbesondere mit Pseudomonas aeruginosa, zunehmend auch resistenter
- Lungenfunktionsverlust über Entzündung, Obstruktion, Bildung von Bronchiektasen.
- Daraus leitet sich ab: je früher der Zugang zu CFTR-Modulatoren, desto größer deren möglicher Nutzen!
Zwei große Herausforderungen
- In der nahen Zukunft wird es keine Zulassung für hochwirksame CFTR-Modulatoren für alle CFTR-Genotypen geben. Patienten mit Nonsense(Stopp)-Mutationen, Splice-Mutationen oder Mutationen mit größeren Deletionen bleiben außen vor. Hinzu kommen Patienten mit solch seltenen Mutationen, dass man voraussichtlich nie wissen wird, ob und wie man diese mit Modulatoren behandeln können wird.
Zusammenarbeit bleibt wichtig
- Die Kliniker, Forscher und auch betroffenen Familien müssen weiterhin mit der Pharmabranche zusammen arbeiten, um passende Therapien zu entdecken und entwickeln. Bei ganz seltenen Mutationen muss es möglich sein, als sicher angenommene Modulatoren bei solchen Patienten zu testen, etwa in vitro an Biopsiematerial oder in vivo anhand der Bestimmung von Biomarkern. Je mehr zugelassene Modulatoren zur Verfügung stehen, desto höher sind die Chancen, einen Zusatznutzen zu finden.
- Alternative Ansätze wie Gentherapien oder Genscheren (Crispr/Cas9) sind weiterhin zu erkunden
Hohe Kosten verhindern vielerorts den Zugang
- Die Kosten des Modulators sind so hoch, dass die Kostenträger sie nicht für alle, die davon profitieren könnten, erhalten können. Vielen infrage kommenden Patienten wird der Zugriff verwehrt bleiben.
Was macht die Medikamente so teuer?
- Ohne den Kapitalismus gäbe es wahrscheinlich keine Modulatoren. Medikamentenentwicklungen erfordern enorme Ressourcen, unter anderem auch eine Vielfalt an Talenten sowie eine rigorose Aufmerksamkeit bis ins Detail.
- Sponsoren können Investitionen nicht rechtfertigen, es sei denn, sie versichern ihren Investoren im Erfolgsfall eine Rendite.
85% Ausschussquote in der Medikamentenentwicklung
- Nur 15% der in Phase-1-Studien getesteten Wirkstoffe erreichen die Zulassung.
- Nachdem wir bereitwillig hingenommen haben, dass die Pharmazie die Kontrolle über Therapieressourcen übernommen hat, von denen wir eigentlich geträumt hatten, müssen wir nun feststellen, dass unsere Gesundheitssysteme diese Kosten für die Patienten gar nicht bezahlen können!
Generika abwarten?
- Nun könnte man darauf warten, bis die Patente ablaufen und dann die Zulassung von billigen Nachbaumedikamenten unterstützen, das ist aber keine sehr bekömmliche Option, weil das viele Jahre dauert. Sinnvoller wäre es, dem Markt Wettbewerb einzuhauchen, indem die Suche und Entwicklung alternativer hochwirksamer Modulatoren unterstützt wird.
Bereits verfügbare Modulatortherapien schaffen neues Problem
- Es wird schwieriger, alternative Modulatoren zu entwickeln. Wären Patienten und ihre Familie bereit, an placebo-kontrollierten Studien teilzunehmen? Dazu müsste ja eine ausreichend lange Zeit auf einen bereits vorhandenen Modulator verzichtet werden! Und: Werden die Regulatoren vor diesem Hintergrund die Grenzen praxistauglicher Studiendesigns erkennen? Werden Sponsoren dieses Risiko und das Investment eingehen, um einen Erfolg zu ermöglichen? Zwar ist das Konzept hochwirksamer Modulatoren überprüft, wird aber eine Marktaufteilung im Vergleich zu einem vormals neuen Markt überhaupt noch einen ausreichenden Anreiz für Investments bieten?
Zusammenfassung
- Die Zukunft für Menschen mit CF und ihre Familien wird also für die meisten vielversprechend, aber nicht ohne Herausforderungen. Die Lebenserwartung mit CF nimmt zu, die Rate der Komplikationen nimmt ab. Wir müssen verstehen lernen, welche der begleitenden Therapien weiterhin nötig sein werden. Wir brauchen außerdem bessere Begleittherapien. Zudem brauchen wir bessere Therapien für diejenigen, die von den derzeitigen Modulatoren nicht profitieren können. Es ist also viel Arbeit erforderlich, um Zugang für alle zu erhalten, die von hochwirksamen Modulatoren profitieren würden. Wir können das tun.
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