Sekretmobilisation und Entblähung – Fragen und Antworten zum Simeox-Verfahren

Mit sanft vibrierenden Unterdruck dem Schleim "good-bye" sagen

„Simeox“ – was ist drin und dran an dem neuen Gerät?

Wir haben etwas gewartet, bevor wir über dieses neue Gerät berichten, das in der letzten Zeit doch recht viel Aufmerksamkeit durch CF-Patient*innen erfahren hat. Das Gerät mit dem Namen „Simeox“ des Medizintechnik-Herstellers „PhysioAssist“ zielt darauf ab, Bronchialsekret zu mobilisieren und das Entblähen der Lunge zu fördern, also die sogenannte Atemmittellage wieder zu verbessern, nach „unten“ zu bringen.

Wir wollen in diesem Beitrag die Funktionsweise und Anwendung des Geräts beschreiben und erläutern, wie man es bekommen kann. Inzwischen haben viele CF-Zentren und Patient*innen mit dem Simeox Therapieerfahrungen gesammelt.  Es gibt nun fundierte Erfahrungen und auch erste Studien. Auch wir berichteten darüber von der ECSF 2019 (https://www.dcfh.de/ecfs-liverpool-2019-die-hyperzusammenfassung/, Unterpunkt ePS3.09.

Der Simeox ist ein medizintechnisches Gerät, das unter physiotherapeutischer Anleitung oder allein zu Hause verwendet werden kann, um die Atemwege von zähem Bronchialsekret zu befreien. Es besteht aus einem handlichen Steuerapparat und einem Ausatmungs-Kit. Dies Kit enthält ein Mundstück, einen Schlauch und einen mikrobakteriellen Filter.

Für welche Patient*innen ist das Simeox-Verfahren gedacht?

Grundsätzlich ist die Therapie mit einem Simeox-Gerät für folgende Krankheitsbilder vorgesehen, wenn diese von zähem Bronchialsekret und/oder einer überblähten Lunge begleitet sind, also vor allem

  • Mukoviszidose
  • PCD/Kartagener Syndrom
  • Bronchiektasie
  • COPD

Ziel ist die Verflüssigung und Weitertransport des Sekrets in die zentralen Atemwege zum erleichterten Abhusten. Patient*innen sollten die üblichen und „wirtschaftlicheren“ Behandlungsmethoden und Hilfsmittel bereits nutzen bzw. genutzt haben, bevor sie das Simeox-Verfahren ausprobieren. Dazu zählen vor allem Atemphysiotherapie, (Feucht-)Inhalation und PEP-Geräte. Es hat sich gezeigt, dass in der Autogenen Drainage erfahrene Patient*innen, besonders schnell mit einem Simeox zurechtkommen. Es ist vor allem dann einzusetzen, wenn andere Methoden und Mittel nicht oder nicht mehr zu einer ausreichenden Sekretverflüssigung führen oder ein*e Patient*in nicht mehr in der Lage ist, sie im notwendigen Maße anzuwenden.

Wie funktioniert das eigentlich?

Ausgangspunkt der Entwicklung war die Überlegung, dass „Oszillation“ (oder Vibration bzw. Perkussion) dazu beiträgt, Bronchialschleim zu lösen und zu transportieren. Die meisten CF-Patient*innen kennen dieses Prinzip von Geräten wie Flutter, PARI OPEP oder RC Cornet. Gelingt es, das Sekret durch Oszillation zu verflüssigen und in die zentralen Atemwege, also die oberen Bronchien, zu transportieren, kann der Schleim leichter abgehustet werden. Wir haben nachgefragt und erfahren, dass bei der Entwicklung von Simeox lange gemeinsam mit namhaften wissenschaftlichen Instituten daran geforscht wurde, welches pneumatische Oszillationssignal sich am besten zum Verflüssigen und Bewegen von Bronchialsekret eignet. Dabei wurde nicht nur nach der optimalen Frequenz gesucht, sondern auch nach der besten Form und Intensität dieses Signals. Das Simeox arbeitet überwiegend mit einer Frequenz von 12 Hertz (=„12 Mal pro Sekunde“). Das Interessante daran: dies entspricht der mittleren Frequenz, in der auch die Flimmerhärchen (Zilien) in den menschlichen Atemwegen schlagen – offenbar hat die Natur hier auch die „richtige“ Frequenz entwickelt! Durch eine fortgeschrittene Lungenerkrankung ist die Zilientätigkeit häufig deutlich verlangsamt und abgeschwächt.

Wie kommt das Signal in die Lunge?  

Ähnlich wie bei oszillierenden PEP Geräten (wie Flutter, RC Cornet, Acapella…) wird der Simeox im Rahmen von atemphysiotherapeutischen Übungen eingesetzt. Ziel ist es, möglichst viel Schwingung tief in die Lunge zu bekommen, damit eben auch tiefsitzendes Sekret aus der Lunge entfernt werden kann. Das Gerät wird meist in Kombination mit der Autogenen Drainage angewendet. Die Idee ist dabei, zunächst durch eine möglichst langsame Einatmung Luft „hinter das Sekret“ zu bekommen. Und wenn dann während der Ausatmung bei geöffneter Stimmritze (Glottis) eine Luftverbindung zwischen Gerät und Lunge besteht, wird das Oszillationssignal des Geräts aktiviert und überträgt sich in alle mit Atemluft gefüllten Bereiche der Lunge. Diese Ausatmungen unter Anwendung eines Oszillationssignals werden dann mehrfach wiederholt. Da die Oszillation durch einen Generator elektrisch produziert wird, kann man sie deutlich stärker als bei PEP Geräten einstellen. Wenn sich schließlich genügend Sekret in den oberen Atemwegen gesammelt hat, kann es abgehustet werden. Eine solche Therapiesitzung dauert üblicherweise 15-20 Minuten. Die meisten Patient*innen wenden das Simeox-Verfahren einmal pro Tag direkt im Anschluss an die Feucht-Inhalation an. Manche wenden es auch mehrmals täglich an.

Für alle, aber nicht für jeden?

Die Sekretmobilisation ist eine sehr komplexe Angelegenheit, jede/r Patient*in und jede Lunge ist anders. Hier spielen individuelle physiologische und auch psychische Aspekte eine Rolle. Bis heute gibt es keine Therapieform, die den anderen generell bei der therapeutischen Wirkung überlegen ist. Die internationalen Leitlinien beschreiben deshalb viele Techniken zur Sekretmobilisation und empfehlen eine „individualisierte Therapie“, da die einzelnen Patienten sehr unterschiedlich von Inhalation, PEP, Weste und anderen Hilfsmitteln wie eben jenem Simeox profitieren.

Deshalb ist es schwer vorauszusagen, wie gut jeder Einzelne mit dem Simeox-Verfahren klarkommt. Man sollte es zunächst testen, um herauszufinden, ob die Therapie wirkt und eine individuelle Verordnung des Geräts zweckmäßig ist. Wenn sich beim Simeox-Verfahren nicht sofort die erhofften Ergebnisse zeigen, darf man sich aber auch nicht entmutigen lassen: Manchmal treten die Effekte erst nach mehreren Therapiesitzungen ein. Sicherlich muss man sich auch ein Stückweit auf das, was das Gerät tut, einlassen können.

Ähnlich wie ein Hustenassistent?

Wichtig ist zu verstehen, dass es sich nicht um einen Husten-Assistent (Cough Assist) handelt, der erst dann Verwendung findet, wenn die Atemmuskulatur zu schwach ist, um zu husten. Bei Simeox sollten Patienten selbständig husten können, um das in den zentralen Atemwegen gesammelte Sekret heraus zu befördern.

Wie steht es um die Hygiene?

Bei richtiger Anwendung wird durch das Gerät nicht eingeatmet. Es können aus ihm also keine Keime in die Atemwege gelangen. Bei Einsatz in physiotherapeutischen Praxen hat jeder Patient sein eigenes Ausatmungs-Kit, das er regelmäßig reinigt. Das Gerät selbst lässt sich einfach mit entsprechenden Wischtüchern desinfizieren.

Wie komme ich an ein solches Gerät?

Patient*innen können ein Simeox-Gerät und entsprechendes Zubehör über Medizintechnikfachhändler beziehen, üblicherweise auf ärztliche Verordnung und nach Testung mit der behandelnden physiotherapeutischen Kraft. Wenn das CF-Zentrum oder die Physio-Praxis noch nicht über ein solches Gerät verfügt, kann der Hersteller wohl ein Probegerät stellen.

Zahlen die Krankenkassen für die Simeox-Therapie?

Das Gerät ist für den Einsatz zu Hause zugelassen und verordnungsfähig. Gesetzliche und private Krankenversicherungen übernehmen in den meisten Fällen die Kosten dafür. Auch die Verbrauchsmaterialien (Ausatmungs-Kits) werden von der Kasse übernommen. Da das Gerät noch relativ neu ist, kann es bei einzelnen Kassen zu Verzögerungen und erforderlichen Widerspruchsverfahren bei der Kostenübernahme kommen.

Was sagen CF-Patient*innen?

Wie bereits beschrieben sind die Erfahrungen unterschiedlich und es gibt Patient*innen, die mit anderen Therapien bereits sehr gut ihre Lunge von Sekret befreien können, die vielleicht ein Simeox (noch) nicht brauchen. Es gibt sehr unterschiedliche Situationen, in denen Patient*innen profitieren. Viele berichten, dass die Möglichkeit, vollkommen passiv und entspannt auszuatmen, ihnen die tägliche Therapie erleichtert.

Auch und gerade dann, wenn die Kraft für anstrengende Atemmanöver nicht mehr vorhanden ist. Das hat zum Beispiel auch Sarah Schott geholfen, die viele von uns auch aus der Fernsehdokumentation ihres Weges zur Lungentransplantation im SWR kennen, und die für unsere Website dankenswerterweise auch schon mal geschrieben hatte. Sie hatte den Simeox in der Phase vor der Lungentransplantation genutzt.

Es gibt Patient*innen, die davon angetan sind, dass sie sehr viel mehr Schleim als sonst und auch sehr viel einfacher und schneller „hochbekommen“. Außerdem bestätigen Simeox-Anwender*innen, dass das Sekret von „tiefer unten“ erreicht wird. Nicht wenige Patient*innen machen diese Therapie in unterschiedlichen Lagen, zum Beispiel auf dem Rücken oder auf der Seite liegend, oder sogar während Dehnübungen. Und nicht nur die Säuberung der Atemwege spielt eine Rolle. Da die Ausatmung unterstützt wird, gelingt es vielen Patienten besser, den Brustkorb zu „entblähen“.

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