Facebook-Fundstück März 2017: „Ich nehme seit letzten Sommer Mirtazapin. Seitdem habe ich 14 kg zugenommen. 2 kg pro Monat sind also theoretisch machbar. Aber wohl nur, wenn man irgendein Wundermittel gefunden hat. Meine Ärzte haben sowas noch nicht erlebt. Zudem trinke ich 2xtgl. Fortimel und abends einen Calshake.“
Der Körper von CF-Patienten entwickelt aufgrund der Stressreaktion auf das (dauer-)entzündliche Geschehen häufig Untergewicht, dessen Ursache neben der unter Umständen vermehrten Atemarbeit und der häufig verschlechterten Pankreasenzymfreisetzung und -aktivität vor allem in der erhöhten Cortisolproduktion und der daraus möglicherweise resultierenden Insulinresistenz liegen könnte.
Vielleicht sollte man erwägen, dass Patienten ab 16 Jahren mit nachgewiesenem erhöhten Cortisolspiegel das Medikament Mirtazapin (z.B. Remergil) im Off-Label-Use versuchen, einem sicheren und effektiven Antidepressivum mit insgesamt milden und transienten Nebenwirkungen. Dessen nachgewiesene häufigste Nebenwirkung Gewichtszunahme beruht wahrscheinlich zum einen auf einer Cortisolabsenkung im Körper, darüber hinaus aber auch auf einer Blockade des 5-HT2-Rezeptors, was zur Appetitsteigerung führt.
Die hier antidepressive (Neben-)Wirkung muss keinesfalls unerwünscht sein. Zusätzlicher Trigger für einen Anwendungsversuch könnte eine massive Durchschlafstörung als Hauptmerkmal einer Depression sein.
Eine Studienarbeit zu Mirtazapin in der Anwendung bei Anorexia nervosa (Magersucht) findet sich hier: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/5458/. Dort wurde die Auswirkung von Mirtazapin auf die Speichelcortisolkonzentration gemessen und zugleich die gewichtssteigernde Wirkung eindrucksvoll gezeigt (wenngleich diese möglicherweise auch noch andere Gründe im Rahmen dieser Studie hatte).
Auf einer Website (http://www.sanego.de/Medikament_Mirtazapin), die subjektive Erfahrungen von Arzneimitteln systematisch abfragt, nennen zur Zeit. von 1072 abgegebenen Einträgen 483 Personen (also ca. 45%) Gewichtszunahme als Nebenwirkung.
Zur Anwendung bei CF finden sich bislang kaum wissenschaftliche Belege.
Hier ein Review aus 2013 zur Anwendung von Mirtazapin in psychiatrischen und medizinischen Bereichen: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3907331/.
In an uncontrolled trial of mirtazapine administered over a range of 29 to 412 days in 5 patients with cystic fibrosis,90 all demonstrated an increase in weight, body fat, and growth velocity at the end of the study. In a retrospective analysis of 6 patients with cystic fibrosis aged 10–19 years who were treated with mirtazapine over a range of 8 to 28 months,91 all patients demonstrated an increase in body mass index percentile for age. One instance of cystic fibrosis-related diabetes reported in the trial by Boas et al90contributed to the lack of support for the drug as an appetite stimulant in cystic fibrosis.92 On the other hand, in a small naturalistic study of 11 adults, Himmerich et al93 found that inpatients with major depression actually showed improved glucose tolerance after 2 to 6 weeks of mirtazapine treatment despite the associated weight gain.
Übersetzung mit Hervorhebungen (alle Übersetzungen auf dcfh.de immer OHNE Gewähr):
Bei einem Behandlungsversuch sollte man folgenden Gesichtspunkt nicht außer Acht lassen: Mirtazapin kann in niedrigen Dosierungen sehr schlafanstoßend sein, dieser Effekt scheint gerade bei höheren Dosierung viel geringer zu sein.
Zu diesem Problem hier ein wissenschaftlicher Artikel aus 2015: https://proceedings.med.ucla.edu/….pdf
Zitat (Übersetzung): Entgegen dem allgemeinen Grundsatz, dass niedrigere Dosen tendenziell weniger Nebenwirkungen haben, liegt das gegenteilig im Fall übermäßiger Sedierung bei Mirtazapin.
07.02.2018 | Kai-Roland Heidenreich | zuletzt bearbeitet 07.02.2018
Hinweise auf Fehler (Kontakt) werden sehr dankbar aufgegriffen und nach Möglichkeit umgehend umgesetzt.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar