Seltene neuropsychiatrische Probleme bei Trikafta und Kaftrio: Wichtiges Thema für CF-Betroffene und Angehörige

Wir betreuen unter anderem die größte deutschsprachige Facebook-Gruppe für CFTR-Modulatoren, Orkambi, Symkevi und Trikafta/Kaftrio D·A·CH und sind persönlich mit vielen CF-Betroffenen und/oder deren Eltern in Kontakt.

Wir haben beobachtet, dass es selten, aber manchmal heftige neuropsychiatrische Probleme im Zusammenhang mit der Einnahme von der CFTR-Dreifachkombination aus Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor (ETI) gibt, wie zum Beispiel kurzfristig dosisabhängige (!) Wutausbrüche bis hin zu psychotischen Zuständen, an die sich die Person später nicht oder nur schemenhaft erinnert.

Daher arbeiten wir derzeit an einem Beitrag zu diesem Thema und planen, einen entsprechenden Brandbrief an deutschsprachige CF-Versorgende zu senden. Eine sorgfältige Recherche ist nicht einfach, aber notwendig, da unsere Hochzivilisation leider ein erhebliches Maß an Anpassungsschwierigkeiten mit sich bringt, die differenziert betrachtet werden müssen und abgegrenzt werden müssen von den genannten Schwierigkeiten. Den entscheidenden Punkt sehen wir allerdings in der Kurzfristigkeit und Dosisabhängigkeit solcher „Anfälle“: Schon das Auslassen einer Tagesdosis einer der Komponenten kann einen großen Unterschied machen! Gibt es einen Schwellenpegel, ab dem es zu etwas kommt, das mit einem „Meltdown“ verglichen werden könnte, einer Reaktion auf eine vorangegangene Reizüberflutung (Overload), der die Betroffenen nicht ausweichen können?

Wir finden die „Friss-oder-Stirb“-Mentalität, die bei vielen Versorgenden anzutreffen ist, inakzeptabel. Wir erkennen an, dass Ambulanzen von solchen Berichten überfordert sein können. Es gibt bisher kaum wissenschaftliche Ursachenforschung dazu. Aber wir sehen ausreichende Anzeichen, dass eine solche Forschung dringend erforderlich ist. Zugleich haben viele CF-Versorgenden mit dem heftigen Umbruch ihrer Arbeitswelt durch die neuen Therapien zu tun und wollen von all dem Psychokram am liebsten gar nichts hören.

Der Leidensdruck etwa für Eltern ist jedoch groß! Wir wünschen uns manchmal, dass Behandelnde bei solchen Ausnahmesituationen anwesend wären. Wie würden sie als Eltern damit umgehen?

Es ist verständlich, dass man anfängt, im Internet zu lesen oder sich mit anderen Betroffenen zusammentut, wenn die CF-Ambulanz zum Beispiel vorgeschlagene Dosisvariationen sämtlich ins Reich der „offlabel“-Anwendung verbannt oder gar das Medikament absetzen möchten, wenn diese Nebenwirkungen zu heftig sind. Es ist jedoch nicht akzeptabel, wenn das Absetzen der Medikation als einzige Alternative angesehen wird.

Oder es wird plötzlich der Pilocarpinschweißtest „entdeckt“, von dem doch vor vielen Jahren schon geklärt worden war, dass es keinen belastbaren Zusammenhang zwischen Schweißtest und Krankheitsschwere gibt, das gleiche gilt übrigens für die anderen Surrogatmarker der CFTR-Funktion „Intestinale Strommessung“ (ICM) und „Nasale Potentialdifferenzmessung“ (NPD).

Wir finden, wenn etwa ein Grundschulkind als Folge seines Wutausbruchs von einem Auto überfahren würde, weil die hohe Dosis wegen sonst zu hohen Schweißchlorids von der Ambulanz quasi durchgeboxt wurde, wurden die Prioritäten sicherlich nicht richtig gesetzt. Geradezu trotzig als einzige Alternative das Absetzen der Medikation vorzuschlagen – nun, das ist einfach unglaublich!

Es wurden und werden viele Studien finanziert und publiziert, die die (längst bekannten!) positiven und erfreulichen Wirkungen immer wieder bestätigen. Es ist jedoch enttäuschend, dass vorhandene Signale aus der psychoneurologischen Ecke oft ignoriert werden, anstatt sich damit etwa über spezialisierte Fragebögen zu diesem Themenkomplex zu befassen.

Die neuroplastische Entwicklung des kindlichen Gehirns ist ein hohes Gut und wirkt sich auf das gesamte spätere Leben aus. Etwaige Störfaktoren dürfen nicht ignoriert werden, auch nicht bei selten wahrgenommenen* unerwünschten Nebenwirkungen einer Therapie einer seltenen angeborenen Stoffwechselstörung.

Die Tatsache, dass Zulassungsstudien kurz und – notgedrungen – mit vergleichsweise niedrigen Zahl teilnehmender Menschen mit CF (einige Hundert in den Erwachsenenstudien, bei Kindern waren es noch weniger) durchgeführt worden waren, darf uns in einigen Jahrzehnten nicht wie ein Bumerang begegnen!

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir gemeinsam Lösungen finden, um das Risiko neuropsychiatrischer Nebenwirkungen bei der Einnahme von Trikafta und Kaftrio zu minimieren. Wir fordern eine verstärkte Aufklärung über mögliche Risiken und eine bessere Unterstützung für Betroffene und ihre Familien. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedenken und Erfahrungen der Patienten und ihrer Angehörigen ernst genommen werden und dass die CF-Versorgenden angemessene Maßnahmen ergreifen, um das Wohl ihrer Patienten zu gewährleisten. Dies sollte über psychiatrische Assessments erfolgen, Fragebögen-Tests werden da kaum reichen, auch Ambulanzpsycholog:innen dürften häufig überfragt sein. Auch Medikamenten-Spiegelbestimmungen, auch von zusätzlich verabreichten Psychopharmaka könnten hilfreich sein.

Bitte nutzen Sie den Assistenten auf dieser Seite, um mit uns in Kontakt zu treten und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Zusammen können wir eine bessere Zukunft für CF-Betroffene schaffen.

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* über psychische Störungen und Erkrankungen oder abweichendes Verhalten wird im deutschsprachigen Raum noch nicht so viel gesprochen, im angloamerikanischen Raum geht man damit mittlerweile etwas offener um.

Lesetipps für Fachleute:

Cystic Fibrosis Transmembrane Regulator Modulators: Implications for the Management of Depression and Anxiety in Cystic Fibrosis (Zitat: Ivacaftor is a monoamine transporter inhibitor and binds to 5-HT2C receptors)

The potentially beneficial central nervous system activity profile of ivacaftor and its metabolites

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